Hersteller tricksen oft mit Verpa­ckungen, die mehr Inhalt vortäu­schen, als drin ist – obwohl das verboten ist. Im Streit um die Mogel­packungen hat der BGH nun Klar­heit geschaffen.

BGH-Urteil wegen einer online verkauften Verpackung picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Verpa­ckungen, die mehr Inhalt vortäu­schen, als drin ist, sorgen immer wieder für Unmut bei Verbrau­che­rinnen und Verbrau­chern. Der Bundes­gerichtshof (BGH) hat ihnen im Streit um die soge­nannten Mogel­packungen nun den Rücken gestärkt. Eine Produkt­ver­packung, die nur zu etwa zwei Drit­teln gefüllt ist, sei eine uner­laubte Mogel­packung – und zwar unab­hängig davon, ob sie im Laden­regal stehe oder online verkauft werde, urteilte das Gericht in Karls­ruhe. Eine Verpa­ckung, die nicht im Verhältnis zu ihrer eigent­lichen Füll­menge stehe, täusche die Verbrau­cher unab­hängig vom Vertriebsweg, sagte der Vorsit­zende Richter, Thomas Koch.

In dem konkreten Fall hatte der Kosmetik- und Körper­pfle­geher­steller L’Oréal auf seiner Inter­net­seite ein Herren­waschgel mit einem Bild von der auf dem Verschluss­deckel stehenden Kunst­stoff­tube beworben, die aller­dings nur bis Ende eines trans­parenten Teils der Tube mit Waschgel gefüllt ist. Die Verbrau­cher­zen­trale Baden-Würt­tem­berg kriti­sierte, die Werbung sugge­riere eine nahezu voll­stän­dige Befül­lung der Tube und sei damit unlauter.


Um Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher vor Mogel­packungen zu schützen, schreibt das deut­sche Recht Herstel­lern dies­bezüg­lich strenge Regeln vor. Im Mess- und Eich­gesetz ist fest­gehalten, dass Verpa­ckungen, die mehr Inhalt vortäu­schen, als in ihnen enthalten ist, weder herge­stellt noch auf den Markt gebracht werden dürfen. In der Rechts­spre­chung wurde die Grenze regel­mäßig bei einer Füll­menge von etwa zwei Drit­teln gezogen – bei weniger Inhalt wurde in der Regel von einer unzu­läs­sigen Mogel­packung ausge­gangen.

BGH hebt Urteile der Vorin­stanzen auf

Die Verbrau­cher­zen­trale war mit ihrer Klage in den Vorin­stanzen zunächst erfolglos geblieben. Das Ober­lan­des­gericht (OLG) Düssel­dorf stellte zwar fest, dass die Verpa­ckung nur zu knapp zwei Drit­teln gefüllt ist und damit eine Mogel­packung wäre, wenn sie im Laden­regal stünde. In diesem Fall sei der Verstoß für die Verbrau­cher aber nicht spürbar, da sie die konkrete Größe der Verpa­ckung beim Online-Kauf ohnehin nicht einsehen könnten.

Der BGH verstand die Begrün­dung des Beru­fungs­gerichts so, dass der Verbrau­cher online ohnehin nicht sehe, wie groß oder klein eine Verpa­ckung ist, und sich daher an der Milli­liter-Angabe orien­tiere. Da diese Angabe korrekt war, könne nach Einschät­zung des OLG auch keine Täuschung vorliegen, erläu­terte Koch bei der münd­lichen Verhand­lung im April – deutete aber bereits dort an, dass der Karls­ruher Senat diese Einschät­zung wohl nicht teilte. Eigent­lich dürfe es keinen Unter­schied machen, wo die Tube abge­bildet sei, sagte Koch.

Entspre­chend fiel nun auch das Urteil des höchsten deut­schen Zivil­gerichts aus. Der BGH hob die Entschei­dungen der Vorin­stanzen auf und verur­teilte L’Oréal zur Unter­las­sung. L’Oréal teilte auf Anfrage mit, man respek­tiere die Entschei­dung des BGH und warte die Zustel­lung des Urteils, einschließ­lich der Urteils­begrün­dung, ab. „Die Verbrau­cher­zen­trale hat eine Verpa­ckung beklagt, welche sie vor mehr als vier Jahren dem Handel entnommen hat“, sagte ein Unter­neh­mens­spre­cher. „Diese wird bereits seit über zwei Jahren nicht mehr in dieser Form von uns vertrieben“.

Verpa­ckungs­regeln auch auf EU-Ebene

Mit dem Urteil habe der Karls­ruher Senat die Verbrau­cher gestärkt, sagte die Vorständin der Verbrau­cher­zen­trale Baden-Würt­tem­berg, Cornelia Tausch, nach der Verkün­dung. „Das sollte Signal­wir­kung haben an alle Hersteller, sparsam mit der Verpa­ckung umzu­gehen.“ Man hoffe, dass die Posi­tion der Verbrau­cher auch durch die neue Verpa­ckungs­ver­ord­nung der EU zusätz­lich gestärkt werde.

Die Ende April vom EU-Parla­ment verab­schie­deten neuen Regeln sehen unter anderem vor, dass Hersteller das Gewicht und Volumen von Verpa­ckungen mini­mieren. Ziel ist es, den Verpa­ckungs­müll in der EU bis 2040 schritt­weise um mindes­tens 15 Prozent im Vergleich zu 2018 zu redu­zieren. Nach der Abstim­mung im Plenum des Euro­papar­laments müssen nun nur noch die EU-Staaten die neuen Vorschriften bestä­tigen. Das ist in der Regel Form­sache.

30.05.2024 | teletarif.de | Alexander Kuch (dpa)

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