Onlinehandel für Kleinunternehmer


Was Sie beim Dropshipping beachten sollten

Immer wieder versuchen Einsteiger ihr Glück mit dem sogenannten Dropshipping, also dem Handel mit Produkten, die man weder selbst produziert noch im Lager hat. Erfolgreiche Shopbesitzer und Social Media befeuern den Hype. Doch so simpel wie es scheint, ist das Geschäftsmodell nicht.

Von wegen schnelles Geld: Der Traum von einem Leben in der Hängematte dank vieler Dropshipping-Millionen – er scheitert meist
Von wegen schnelles Geld: Der Traum von einem Leben in der Hängematte dank vieler Dropshipping-Millionen – er scheitert meist Foto: Tim Meyer / Getty Images

„In 12 Wochen zum Erfolg“, „Starte dein Nebeneinkommen“ – wer schnell und einfach zu Geld kommen will, schafft dies mit Dropshipping. Das suggerieren zumindest Werbeschriften auf Instagram, TikTok und Co. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, im E-Commerce  sein Glück zu versuchen. Vom sogenannten Dropshipping träumen heute schon viele Jugendliche. Das Prinzip: Man gründet einen Online-Shop und handelt darin mit Dingen, die man weder selbst produziert noch selbst im Lager hat.

Es gibt und gab einige erfolgreiche Shopbesitzer, die den Mythos nähren. Da ist beispielsweise Trevor Chapman aus den USA, der unter anderen mit den vor einigen Jahren angesagten Fidget Spinnern zu Geld kam. Seinen ersten Erfolg feierte er jedoch mit aufblasbaren Loungeliegen, die in China produziert und von dort verschickt wurden. Auch Alex Philip aus Großbritannien, der schon als elfjähriges Kind mit Pokemon-Spielzeug reich wurde, das er bei Ebay gekauft und bei Amazon teurer verkaufte, sorgte für Aufsehen. Dass er dann als Jugendlicher weiter erfolgreich per Dropshipping Waren feilbot, machte ihn zum Vorbild.

In Deutschland gelten Alexander Hupe und Adolf Kramer als erfolgreiche Dropshipper. Hupe stellte seinen Shop Endlichzuhause.de im Zuge des Erfolgs auf ein Dropshipping-Modell um. Und Kramer startete als hochbetagter Rentner zusammen mit seinem Sohn und einem Polizisten den Shop Polizeiladen.de und entwickelte diesen ebenfalls zum Dropshipping-Modell.

Schnell Kasse machen, ohne viel Arbeit und Zeit zu investieren – wer will das nicht? „So einfach ist das nicht“, stellt Dirk Schmalzried, Professor für Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt E-Business an der Universität Jena, gleich am Anfang des Gesprächs mit dem manager magazin richtig. Das Geschäftsmodell hat viele Risiken – und nur wer eine kluge Nische findet, darf noch auf Erfolg hoffen.

Wie funktioniert Dropshipping genau?

Unter Dropshipping versteht man den Verkauf von Waren, die der Verkäufer weder herstellt noch vorrätig hat. Stattdessen liefert ein Hersteller oder Großhändler, häufig mit Sitz in Asien, die bestellte Ware direkt an die Kunden. Der „Dropshipper“ baut den Onlineshop und kümmert sich um das Marketing, während der Großhändler oder Hersteller die Lagerung und den Versand der Ware übernimmt. Vertragspartner mit dem Endkunden ist jedoch der Dropshipper. Er übernimmt also die Bestellannahme sowie die Abrechnung und ist damit auch für den ganzen Bezahlvorgang und die Retouren zuständig.

„Dropshipping ähnelt dem sogenannten Streckengeschäft“, sagt Schmalzried. Dies gibt es schon seit langer Zeit. Früher funktionierte es über einen Fachhändler in der Einkaufsstraße, der die Ware für einen Kunden über einen Katalog bestellte.

2019 gingen Schätzungen der Consultingfirma Insight Partners davon aus, dass sich der Dropshipping-Markt weltweit auf einen Umsatz von 162,44 Milliarden Dollar summiert. Für 2027 wird mit über 500 Milliarden Dollar gerechnet. Doch die Zahlen sind mit Unsicherheiten behaftet, da der Markt global und sehr kleinteilig ist.

Pakete von Anderen verschicken lassen: beliebtes Einsteiger-Modell in den Onlinehandel

Pakete von Anderen verschicken lassen: beliebtes Einsteiger-Modell in den Onlinehandel Foto: Tom Weller / dpa

Die Vorteile von Dropshipping

„Ohne Finanzpolster loslegen zu können, ist der größte Vorteil“, sagt Professor Schmalzried. Shop-Betreiber benötigen nur geringes Eigenkapital, um das Geschäft zu starten. Onlineshops kann man kostengünstig erstellen, zum einen gibt es Baukasten-Angebote, mit denen sie schnell aufgesetzt werden können. Zum anderen kann man Plattformen wie Shopify, AmazonEbay oder Alibaba und AliExpress nutzen, die zum Teil extra Bereiche für Dropshipper anbieten – inklusive Anleitungen und Empfehlungen.

„Es ist nur ein geringes Eigenkapital nötig, um das Geschäft zu starten.“

Dirk Schmalzried

Als Dropshipper spare man sich das Lager, die Verpackungen und den Aufwand des Versendens. „Wenn man geschickt ist, kann man viel Gewinn erzielen, wenn man günstig produzierte, aber lokal nicht breit verfügbare Ware mit einem deutlichen Aufschlag verkauft“, sagt Schmalzried. Dafür brauche man aber ein Alleinstellungsmerkmal, gibt der Wirtschaftsinformatik-Professor zu bedenken. „Startet man mit gängiger Ware, ist das kein Vorteil – das kann jeder.“ Daher benötige man oft spezifische Produkt- und Kundenkenntnis.

Basis für einen funktionierenden Dropshipping-Shop ist ein insgesamt funktionierendes Businessmodell, betonen Experten unisono. Mit anderen Worten: Auch die Qualität, die Lieferzeiten und die Vertrauenswürdigkeit muss aus Sicht der Kunden garantiert sein.

Und hier beginnen die Schwierigkeiten, die Dropshipping mit sich bringen kann:

Die Nachteile von Dropshipping

„Es ist an sich schon ein Risiko, einen Vertrag mit einem Produzenten einzugehen, der außerhalb der juristischen Erreichbarkeit liegt“, erklärt Rechtsanwältin Laura Novakovski Ouerghemi von der Kanzlei SBS Legal Rechtsanwälte in Hamburg.

Selbst wenn man sich vorher einigt, dass im Streitfall die Gerichtsbarkeit in der EU liegt, kann ein Urteil dann vielleicht nicht vollstreckt werden. „Dann hat man zwar einen Titel, der ist aber wertlos“, so Novakovski Ouerghemi.

Das juristische Risiko betrifft die Qualität der Ware, die zuverlässige Versendung und die Möglichkeit der Rücknahme der Ware. „Das sollte man unbedingt vertraglich vorher regeln“, sagt Michael Altstädt, Steuerberater von SBS Tax. Da der juristische Partner des Kunden der Onlineshop ist, ist der Dropshipper auch für die Rücksendungen zuständig. Hier gilt es zu bedenken, dass Gebühren, Zoll und die Rücksendungen den ganzen Handel unrentabel machen können. Dass es einen bestimmten Anteil an Rücksendungen geben wird, davon müsse man ausgehen und es entsprechend in den Businessplan einkalkulieren.

„Dann ist der Titel wertlos und ich bleibe auf meinen Kosten sitzen.“

Laura Novakovski Ouerghemi

Aus verschiedenen Gründen kann es mit den Produzenten oder Großhändlern in der Ferne zu Streit kommen. Das kann die Qualität der Ware betreffen, die sich im Laufe der Zeit vielleicht geändert hat, bis hin zum schleppenden Versand. „Uns begegnen immer wieder Fälle, bei denen die Partner nicht sauber geklärt haben, wie im Streitfall vorzugehen ist“, sagt Novakovski Ouerghemi. Aber selbst wenn man sich mit einem beispielsweise chinesischen Partner auf ein Verfahren vertraglich geeinigt habe und selbst wenn man juristisch in Deutschland den Streit gewinnen würde, könne das Partnerunternehmen in Asien nicht belangt werden. „Der Titel ist dann wertlos und ich bleibe auf meinen Kosten sitzen“, sagt die Rechtsanwältin.

Da es sich besonders lohnt, Produkte aus günstiger Herstellung teurer zu verkaufen, bedarf es gründlicher Vorarbeiten. Neben einer ordentlichen Recherche und guter Kalkulation muss man sich folgende Fragen stellen:

  • Ist die Qualität garantiert?
  • Werden Markenrechte und Designs anderer verletzt?
  • Haben die zu verkaufenden Produkte eine Zulassung, also ein CE-Zeichen?
  • Sind die Inhaltsstoffe alle zulässig?
  • Ist der Datenschutz gewährleistet und das Impressum konform?
  • Sind noch Zölle auf die Produkte bei der Einfuhr zu erwarten?

Nicht zu vergessen seien zudem steuerliche Themen wie Umsatzsteuer, Haftung und Widerrufsbelehrung, so die Experten.

„Wir beobachten auch, dass der Aufwand für die Buchhaltung oft unterschätzt wird und dann kommt es später zu Problemen“, sagt Altstädt. Das betrifft dann die Umsatzsteuer, die Einfuhrsteuer, den Zoll. „Wenn Ware aus China gesendet wird, muss klar sein, welches Umsatzsteuerrecht gilt – darum muss sich der Verkäufer kümmern“, sagt der Rechtsanwalt.

Warum ist Dropshipping umstritten?

Dropshipping ist teilweise in Verruf geraten, da es häufiger vorkam, dass die Ware, die beispielsweise aus China kam, qualitativ nicht den Ansprüchen der Kunden entsprach, die die Präsentation im Onlineshop vermuten ließ. Auch sind die Lieferzeiten häufig sehr lang, und manch ein Kunde musste unerwartete Zollkosten übernehmen. Für Aufsehen sorgten auch Fälle, bei denen die bestellte und bezahlte Ware erst gar nicht ankam.

Die europäische Verbraucherzentrale warnt Kunden im Zusammenhang mit Dropshipping zudem vor Fakeshops. Diese Onlineläden sähen zwar professionell aus, aber die Kunden bekämen die Waren nie – und am Ende sei das Geld weg. Um solchen Fällen vorzubeugen, bieten Verbraucherschützer die Website Fakeshop-Finder  an, auf der Kunden prüfen können, ob der besuchte Shop schon negativ aufgefallen ist.

Lohnt sich ein Einstieg noch?

Mittlerweile gehören Trainings und Bücher für den Aufbau eines Dropshipping-Shops – geschrieben von vermeintlich erfolgreichen Dropshippern – zum Geschäftsmodell dazu. Schnell stößt man bei der Suche im Netz auf Namen wie Samuel PeifferChristopher Filgertshofer oder Hupe, die ihr Wissen über verschiedenste Kanäle anbieten. Die Onlinekurse lassen sich die Lehrmeister teils gut bezahlen, eine Garantie für Erfolg sind sie jedoch nicht. Auch Agenturen bieten entsprechende Dienste feil, sie agieren aus Deutschland, Zypern und anderen Ländern.

„Das Dropshipping-Modell ist nur eine temporäre Erscheinung“

Tim Nedden

Mittlerweile sind die Dropshipping-Angebote jedoch so vielfältig und die Zahl der Droppshipper so groß, dass es Kleinunternehmern nur noch in Ausnahmefällen glückt, wirklich erfolgreich zu sein. Um passende Produkte, Hersteller und Großhändler zu finden, wird dabei häufig auf die Plattformen Aliexpress und Alibaba zurückgegriffen. Inspirationen holen sich Dropshipper zudem auf gängigen Social-Media-Apps wie Instagram und TikTok, immer auf der Suche nach den neuesten Trends.

„Wer unter 500 Euro pro aufgewendeten Arbeitstag an Rohgewinn erzielt, sollte prüfen, etwas anderes zu machen, rate ich meinen Studenten“, sagt Schmalzried. Seine Studierenden seien hochspezialisierte E-Commerce-Fachleute und könnten an anderen Stellen gegebenenfalls mehr Geld mit nach Hause nehmen. Zumal der Markt als weitgehend gesättigt gilt.

Tim Nedden, Geschäftsführer der Agentur Front Row, hält das Dropshipping-Modell sogar nur für eine temporäre Erscheinung. „Mit dem Erfolg von Temu, Wish und Shein wird das Modell für lokale Anbieter schwieriger, denn die chinesischen Hersteller erreichen damit die europäischen und US-amerikanischen Kunden direkt.“ Zwar würden die Plattformen noch nicht so sehr von Markenartiklern genutzt, dennoch geht Nedden davon aus, dass Temu und Co. ihren Konkurrenten Amazon und Shopify Marktanteile abjagen werden, da sie ebenfalls global agierten. Der Erfolg von Temu und Co. spricht für sich – obwohl die Plattformen ebenfalls umstritten sind.

manager magazin | 05.03.2024 | Alexandra Knabe


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