Umsatzsteuer 2021- Fernverkehrsregelung
Zitat von Chris Reinhardt am 25. November 2020, 15:18 UhrSo sieht es nun aus:
Deutschland und Niederlande verkünden: Unsere IT-Systeme sind nicht bereit für die Einführung des OSS-Verfahrens ab dem 01.01.2021.
Beide Länder bitten um drei Jahre Aufschub, da eine EU-weite Nutzung des OSS-Verfahrens frühestens ab dem 01.01.2024 möglich wäre.
Hintergrund:
Der internationale Verkauf von Waren und Dienstleistungen stellt Online-Händler immer wieder vor neue Herausforderungen. Das Digitalpaket 2021 bringt eine Vielzahl an Umsatzsteuer-Änderungen, die sich auf den internationalen Waren- und Dienstleistungshandel auswirken.
Was ändert sich ab dem 01.01.2021 für Sie und Ihr Unternehmen, wenn Sie im internationalen Handel tätig sind.
Das Digitalpaket des europäischen Rates bringt im Jahr 2021 einige Änderungen für Online-Händler, die Waren und Dienstleistungen EU-weit anbieten und verkaufen. (1)
Online-Händler können durch Verkaufsplattformen wie Amazon und eBay schnell internationale Märkte erobern. Hierdurch lässt sich der Umsatz schnell steigern, was aufgrund der geringen Margen im E-Commerce auch erfolgsentscheidend ist.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht ergeben sich bei internationalen Verkäufen von Online-Händlern aber einige Herausforderungen. Bei Fehlern können Steuern mehrfach, gar nicht oder in falschen Ländern abgeführt werden. Um diese Fehler zu korrigieren, bedarf es oft eines hohen Verwaltungsaufwandes. Zudem gehen meist Strafgebühren der Finanzverwaltung mit der Fehlerkorrektur einher.
Umso entscheidender ist es, sich als Online-Händler bereits jetzt auf die wichtigsten umsatzsteuerlichen Änderungen im Jahr 2021 einzustellen.
Die Änderungen ergeben sich aufgrund des sogenannten Digitalpaket des europäischen Rates vom 05.12.2017.
Dieser ist noch nicht in deutsches Recht umgesetzt wurden, allerdings ist bereits jetzt abzusehen, welche konkreten Auswirkungen sich für deutsche Online-Händler ab dem 01.01.2021 ergeben werden.
Änderungen für Warenlieferungen in andere europäische Länder:
Übersicht:
- Was gilt bislang bei internationalen Warenverkäufen von Online-Handlern
- Umsatzsteuer Änderung 2021 – Wegfall individueller Lieferschwellen ins EU-Ausland
- Fernverkaufsregelung
- Keine Umsatzsteuerliche Registrierung im EU-Ausland mehr erforderlich
- Einführung der Schwellenwertregelung bei EU-Umsatz ab 2021
- Anwendungsvoraussetzung für die Schwellenwertregelung
- Keine Änderung bei Warenlieferungen ins EU-Ausland oder Drittländer
- Häufige Fragen zur neuen Fernverkehrsregelung ab 2021
- Ändern sich die die Fernverkehrsregelung
- 8.1. Ändern sich durch die Fernverkehrsregelung auch die Gegebenheiten in Ländern, in denen der Online-Händler bislang schon die Lieferschwelle überschritten hatte und registriert ist?
- 8.2. Beispielsweise besteht für einen Online-Händler schon eine Überschreitung der Lieferschwelle bzw. Registrierung in Österreich. Es werden monatliche Voranmeldungen dort abgegeben.
- 8.3. Kann ein Online-Händler die neue Systematik (OSS-Verfahren oder Registrierung im Ausland und Abgabe dortiger Erklärungen) individuell je Ausland wählen? Oder muss er sich nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ festlegen?
- 8.4. Lassen sich wirtschaftliche Vorteile durch die gezielte Anwendung oder Nicht-Anwendung des OSS-Verfahrens erzielen?
- 8.5. Welche Auswirkungen ergeben sich auf meine Buchhaltung durch die neuen Regelungen?
- Worin liegt der Vorteil für Online-Händler durch die Nutzung des OSS Verfahrens
Was gilt bisher bei internationalen Verkäufen von Online-Händlern?
Für den Versandhandel gilt zunächst eine einfache Regel: Die Umsatzsteuer ist dort zu entrichten, wo der Versand der online verkauften Waren beginnt. Für Online-Händler aus Deutschland bedeutet dies, dass grundsätzlich deutsche Umsatzsteuer zu entrichten ist, wenn die Waren vom eigenen Lager in Deutschland versandt werden.
Nach der bisherigen Lieferschwellenregelung galt dies aber nur solange, bis ein bestimmter Schwellenwert (die sogenannte Lieferschwelle) für Warenlieferung in ein bestimmtes Land nicht überschritten wurde.
So können zum Beispiel deutsche Online-Händler, die ihre Waren an Privatpersonen nach Spanien senden, für Umsätze bis zu einer Höhe von 35.000 Euro pro Jahr weiterhin die deutsche Umsatzsteuer abführen. Das erspart nicht nur die aufwendige umsatzsteuerliche Registrierung in Spanien, sondern führt auch dazu, dass der geringere deutsche Umsatzsteuersatz von 19 % angewendet werden kann (in Spanien beträgt der Umsatzsteuersatz 21 %).
Sobald aber im Beispielsfall die Lieferschwelle von 35.000 Euro für Warenlieferungen an Privatpersonen in Spanien überschritten wird, muss eine umsatzsteuerliche Registrierung in Spanien erfolgen. Die Umsätze sind dann monatlich dem spanischen Finanzamt zu melden. Auf diese Umsätze ist die spanische Umsatzsteuer von 21 % abzuführen.
Änderung UStGDVO 2021 – Wegfall individueller Lieferschwellen
Ab 01.01.2021 entfällt die oben dargestellte Lieferschwellenregelung. Die sogenannte Fernverkaufsregelung ersetzt die bisherige Regelung für Lieferschwellen. Es kommt also weiterhin zu einer Verlagerung des Lieferorts und damit der Umsatzsteuer in denjenigen Staat, in den Händler ihre Waren liefern. Diese Regelung gilt allerdings unabhängig von den bisherigen Lieferschwellen. Es greift nur noch eine einheitliche, neue Schwellenwertregelung von 10.000 Euro pro Jahr für Warensendungen und bestimmte Dienstleistungen innerhalb der EU.
Nicht unter diese Fernverkaufsregelungen fallen (wie bisher auch für die Lieferschwellenregelung ausgenommen) Lieferungen von Gebrauchtgegenständen und -fahrzeugen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten. Diese Lieferungen unterliegen den eigens für diese geltenden Regelungen zur Differenzbesteuerung.
Händler müssen aktuell individuelle Lieferschwellen für die jeweiligen Länder im EU-Gebiet beachten. Durch das Digitalpaket des europäischen Rates fallen diese Lieferschwellen ab 2021 weg. (2)
Neue „Fernverkaufsregelung“
Als umsatzsteuerlichen Lieferort des innergemeinschaftlicher Fernverkaufs von Gegenständen regelt Art. 33 Buchst. a MwStSystRL den Ort, an dem sich die Gegenstände bei Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber befinden.
Im Gegensatz zur bisherigen Regelung liegt der Ort der EU-Lieferung und somit der Ort, an dem die Umsatzsteuer zu entrichten ist, zukünftig grundsätzlich im Bestimmungsland, also in dem Land, in welches die Waren geliefert werden.
Ab dem 01.01.2021 kommt es also nicht mehr auf die Überschreitung von Lieferschwellen im Bestimmungsmitgliedstaat an. Damit ist die Umsatzsteuer bei einer grenzüberschreitenden Warenlieferung an Privatpersonen und andere Nichtunternehmer innerhalb der EU prinzipiell in dem Staat zu entrichten, in den die Waren geliefert werden. Dies hätte zur Folge, dass sich der Unternehmer im Bestimmungsland seiner Warenlieferungen bereits ab dem ersten getätigten Verkauf für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren lassen müsste.
Umsatzsteuerliche Registrierung im EU-Ausland ist nicht mehr erforderlich
Die Neuregelung deutet grundsätzlich auf einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für Online-Händler hin, denn bereits ab dem ersten Verkauf von Waren in das EU-Ausland wäre eine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland erforderlich.
Tatsächlich ergibt sich für Online-Händler ab dem Jahr 2021 aber auch eine Vereinfachungsregelung. Mit Einführung der Fernverkaufsregelung wird für Unternehmer ab dem 01.01.2021 auch die Möglichkeit eröffnet, ein bisher als MOSS bekanntes Verfahren zu nutzen. Mit Hilfe dieses MOSS-Verfahrens kann ein Unternehmer anfallende ausländische Umsatzsteuern über das deutsche Bundeszentralamt für Steuern anmelden und abführen.
Das MOSS-Verfahren (abgekürzt für „Mini-One-Stop-Shop“-Verfahren) konnte bisher ausschließlich für die Anmeldung und Abführung von ausländischen Umsatzsteuern bei auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen genutzt werden. Da das Verfahren erweitert wird und zukünftig auch die Umsatzsteuer für Lieferungen in EU-Länder erfasst, wird es ab 2021 als „OSS-Verfahren“ (One-Stop-Shop-Verfahren) gelten.
Eine umsatzsteuerliche Registrierung im EU-Ausland aufgrund von Warenlieferungen in ein EU-Ausland kann somit vermieden werden. Die umsatzsteuerlichen Pflichten im EU-Ausland können Unternehmer so von Deutschland aus erfüllen.
Online-Händler können ab 2021 vom OSS-Verfahren Gebrauch machen, wenn sie Waren im EU-Ausland verkaufen. Damit sparen Sie sich die zeit- und kostenaufwendige umsatzsteuerrechtliche Registrierung im jeweiligen EU-Land, in das sie die Ware liefern. (3)
Schwellenwertregelung ab 2021 bei EU-Umsätzen bis zu 10.000 EUR
Für den innergemeinschaftlichen Fernverkauf von Gegenständen sowie für auf elektronischem Wege erbrachte Leistungen gilt ab 01.01.2021 ein Schwellenwert von 10.000 Euro. Dieser führt nicht zur Verlagerung des Leistungsorts in den Verbrauchs- bzw. Bestimmungsmitgliedstaat.
Umsätze werden in Deutschland also weiterhin bis zur Höhe des Schwellenwertes mit dem deutschen Umsatzsteuersatz von 19 % besteuert. Das gilt auch, wenn die Lieferung oder Leistung an eine Privatperson aus der EU erfolgte.
Allerdings zählen bei der Ermittlung der 10.000-Euro-Schwelle nicht nur die Warenlieferungen des Online-Händlers, sondern auch die sogenannten „auf elektronischem Wege erbrachten Dienstleistungen“. Das sind Dienstleistungen, die automatisiert und ohne menschliche Mitwirkung erbracht werden können. Hierzu zählen etwa automatisiert abrufbare Webinare oder kostenpflichtige Downloads von E-Books, Fotos oder die Bereitstellung von Websites oder Webhosting.
Bei Online-Händlern kommt es also nicht nur auf die Lieferung von Waren in ein anderes EU-Land an, sondern auch auf möglicherweise zusätzlich erbrachte Dienstleistungen auf elektronischem Wege. Die Warenverkäufe in das EU-Ausland an Privatpersonen sowie die elektronischen Dienstleistungen an Privatpersonen sind somit zusammenzurechnen.
Voraussetzungen für die Schwellenwertregelung
Für die Anwendung der Schwellenwertregelung sind konkret folgende Voraussetzungen zu beachten und zu erfüllen:
- der Unternehmer, der die Dienstleistung oder Warenlieferung erbringt, ist in nur einem Mitgliedstaat ansässig,
- die auf elektronischem Wege erbrachten Dienstleistungen werden an Nichtunternehmer (in der Regel Privatpersonen) erbracht, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig sind, oder
- die Gegenstände werden in einen anderen Mitgliedstaat geliefert und
- der Gesamtbetrag – ohne Mehrwertsteuer – der Lieferungen oder auf elektronischem Wege erbrachten Dienstleistungen überschreitet im laufenden Kalenderjahr nicht 10.000 Euro (bzw. den Gegenwert in Landeswährung) und
- es ist auch im vorangegangenen Kalenderjahr nicht zu einer Überschreitung des Schwellenwertes gekommen.
Liegen die Umsätze unterhalb des Schwellenwerts von 10.000 Euro, werden die auf elektronischem Wege erbrachten Leistungen am Sitzort des leistenden Unternehmers erbracht. In anderen Worten: die Warenverkäufe werden am Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung der Umsatzsteuer unterworfen.
Wie bisher bei der Lieferschwellenregelung soll auch für die neue Schwellenregelung gelten, dass mit Überschreiten der Umsatzschwelle von 10.000 Euro in einem Jahr ab diesem überschreitenden Umsatz die ausländische Umsatzsteuer anzuwenden ist. Das bedeutet, dass direkt mit dem Umsatz, der zur Überschreitung der 10.000-Euro-Schwelle führt, eine umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland erfolgen muss. Andernfalls kann das OSS-Verfahren angewendet werden, um die ausländische Umsatzsteuer über das deutsche Bundeszentralamt für Steuern abzuführen.
Es soll möglich sein, auf die Anwendung der Umsatzschwelle von 10.000 Euro zu verzichten und bereits ab dem 1. Euro Umsatz im EU-Ausland die ausländische Umsatzsteuer abzuführen. Macht ein Unternehmer von diesem Recht Gebrauch, soll dies für 2 Kalenderjahre bindend sein. Für die Finanzbuchhaltung ergeben sich in der Regel Vereinfachungen, wenn Händler auf die Anwendung der Schwellenwertregelung verzichten.
Keine Änderungen bei Warenlieferungen in Drittländer
Bei Warenverkäufen in ein Drittland ergeben sich keine Änderungen für Online-Händler. Drittländer sind dabei alle Länder, die nicht zur EU gehören wie beispielsweise die USA. Das heißt es kommt für die Umsatzsteuer weiterhin darauf an, von wo aus ein Online-Händler die Waren in ein Drittland versendet. Erfolgt die Versendung der Waren aus Deutschland, gilt somit das deutsche Umsatzsteuerrecht. Folglich sind Warenlieferungen dieser Art in ein Drittland als sogenannte Ausfuhrlieferung umsatzsteuerfrei. Das gilt unabhängig davon, ob ein Händler die Waren an einen anderen Unternehmer oder eine Privatperson verkauft. Den Online-Händler treffen hier allerdings besondere Nachweispflichten. Insbesondere muss der Online-Händler gegenüber dem Finanzamt nachweisen können, dass die Waren tatsächlich in das Ausland gelangt sind. Hierfür sollten die „Tracking-and-tracing“-Protokolle der Versanddienstleister, wie beispielweise DHL, aufbewahrt und zu den Buchführungsunterlagen genommen werden.
FAQ zu der neuen Fernverkehrsregelung ab dem Jahr 2021
Ändern sich durch die Fernverkehrsregelung auch die Gegebenheiten in Ländern, in denen der Online-Händler bislang schon die Lieferschwelle überschritten hatte und registriert ist? Beispielsweise besteht für einen Online-Händler schon eine Überschreitung der Lieferschwelle bzw. Registrierung in Österreich. Es werden monatliche Voranmeldungen dort abgegeben.
Die Fernverkehrsregelung erweitert das bisherige MOSS-Verfahren zur Erfüllung ausländischer umsatzsteuerlicher Pflichten über das deutsche Bundeszentralamt für Steuern. Es wird damit zum sogenannten OSS-Verfahren.
Beim bisherigen MOSS-Verfahren hat der Unternehmer ein Wahlrecht zur Teilnahme an dem Verfahren. Dieses Wahlrecht übt der Unternehmer dadurch aus, dass er die Teilnahme am Verfahren nach § 18h Abs. 1 S. 1 UStG beim Bundeszentralamt für Steuern anzeigt. Die Teilnahme am MOSS-Verfahren ist allerdings nur einheitlich für alle EU-Mitgliedstaaten möglich, in denen der Unternehmer keine Betriebsstätte hat.
Der Online-Händler hat also zwei Möglichkeiten. Zum Einen kann er sich im EU-Mitgliedstaat, in dem sein Umsatz zu versteuern ist, für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren und nach dem Besteuerungsverfahren des Bestimmungsmitgliedstaats die Umsatzsteuer erklären und abführen. Zum Anderen hat er die Möglichkeit, das OSS-Verfahren in Anspruch zu nehmen, mit dem er seine Umsätze für alle EU-Mitgliedsstaaten in Deutschland über das Bundeszentralamt für Steuern erklärt.
Kann ein Online-Händler die neue Systematik (OSS-Verfahren oder Registrierung im Ausland und Abgabe dortiger Erklärungen) individuell je Ausland wählen? Oder muss er sich nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ festlegen?
Das bisherige MOSS-Verfahren ist nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ ausgestaltet. Das OSS-Verfahren stellt dabei zunächst eine Erweiterung des MOSS-Verfahrens dar. Es ist also davon auszugehen, dass Online-Händler das OSS-Verfahren nur einheitlich für alle Länder anwenden können.
Lassen sich wirtschaftliche Vorteile durch die gezielte Anwendung oder Nicht-Anwendung des OSS-Verfahrens erzielen?
Nach der neuen Fernverkaufsregelung bleibt es dabei, dass die Lieferungen an Privatpersonen aus anderen EU-Ländern dort der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind, wo die Warenlieferung endet. Es kommt dementsprechend auf den Umsatzsteuersatz des Bestimmungslandes an.
Die Nutzung des OSS-Verfahrens hat keine Auswirkung auf den Umsatzsteuersatz. Es handelt sich lediglich um ein Verfahren zur Anmeldung und Abführung der Steuern.
Soweit ein Unternehmer Waren beispielsweise nach Österreich versendet, hat er dementsprechend eine Umsatzsteuer von 20 % zu entrichten. Diese kann er auch über das OSS-Verfahren anmelden und abführen, auf die zu entrichtenden Steuersätze hat dies aber keinen Einfluss.
Welche Auswirkungen ergeben sich auf meine Buchhaltung durch die neuen Regelungen?
Bislang galten teilweise sehr hohe Lieferschwellen von bis zu 100.000 Euro. Erst nach Überschreitung dieser Grenzwerte war es für Online-Händler erforderlich eine oft aufwendige und kostenintensive umsatzsteuerliche Registrierung im Ausland vorzunehmen. Dementsprechend verzichteten Unternehmer in einigen Fällen bisher darauf, Umsätze in der Buchhaltung getrennt nach den verschiedenen Lieferländern aufzuteilen.
Die Lieferschwellen fallen zukünftig weg, so dass bereits ab der ersten Lieferung an Privatpersonen aus anderen EU-Ländern die ausländische Umsatzsteuer zu zahlen ist. Eine Aufteilung der Umsätze nach Zielländern in der Buchhaltung wird damit unumgänglich.
Für große Online-Händler mit Shop-Systemen wird eine Anpassung der Warenwirtschaftssysteme erforderlich werden. Aus wirtschaftlichen Gründen hat es sich bisher gelohnt, erst bei Überschreitung der Lieferschwellen je Lieferland die ausländische Umsatzsteuer anzuwenden. Dies hatte den Hintergrund, dass der deutsche Umsatzsteuersatz von 19 % nach wie vor einer der geringsten in der EU ist.
Großer Vorteil für Online-Händler durch die Nutzung des OSS-Verfahrens
Ein großer Vorteil durch die Nutzung des OSS-Verfahrens wird sich für international agierende Online-Händler aus Deutschland ergeben. Bislang war es bei der Überschreitung der Lieferschwellen erforderlich, ausländische Steuerberater oder Dienstleister einzuschalten, um die umsatzsteuerlichen Pflichten im Ausland erfüllen zu können. Dies führte oft zu hohen Einmalkosten für die Registrierung sowie zu laufenden Kosten für die monatliche Meldung. Bei der Einschaltung von Dienstleistern wie Avalara ergaben sich oft Abweichungen bei den Datenbeständen und mangelnde Rückantworten auf Anfragen der deutschen Online-Händler.
Das OSS-Verfahren löst diese Probleme. Denn der deutsche Steuerberater, der die Gesamtverantwortung für die Buchhaltung des Online-Händlers trägt, ist nun auch nicht mehr nur in der Lage die im Ausland fälligen Umsatzsteuern zu berechnen, sondern diese auch über das OSS-Verfahren anzumelden und für den Mandanten abzuführen.
starsellersworld.com 19.11.2021 | Dr. Klaus Goetschl
So sieht es nun aus:
Deutschland und Niederlande verkünden: Unsere IT-Systeme sind nicht bereit für die Einführung des OSS-Verfahrens ab dem 01.01.2021.
Beide Länder bitten um drei Jahre Aufschub, da eine EU-weite Nutzung des OSS-Verfahrens frühestens ab dem 01.01.2024 möglich wäre.
Hintergrund:
Der internationale Verkauf von Waren und Dienstleistungen stellt Online-Händler immer wieder vor neue Herausforderungen. Das Digitalpaket 2021 bringt eine Vielzahl an Umsatzsteuer-Änderungen, die sich auf den internationalen Waren- und Dienstleistungshandel auswirken.
Was ändert sich ab dem 01.01.2021 für Sie und Ihr Unternehmen, wenn Sie im internationalen Handel tätig sind.
Das Digitalpaket des europäischen Rates bringt im Jahr 2021 einige Änderungen für Online-Händler, die Waren und Dienstleistungen EU-weit anbieten und verkaufen. (1)
Online-Händler können durch Verkaufsplattformen wie Amazon und eBay schnell internationale Märkte erobern. Hierdurch lässt sich der Umsatz schnell steigern, was aufgrund der geringen Margen im E-Commerce auch erfolgsentscheidend ist.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht ergeben sich bei internationalen Verkäufen von Online-Händlern aber einige Herausforderungen. Bei Fehlern können Steuern mehrfach, gar nicht oder in falschen Ländern abgeführt werden. Um diese Fehler zu korrigieren, bedarf es oft eines hohen Verwaltungsaufwandes. Zudem gehen meist Strafgebühren der Finanzverwaltung mit der Fehlerkorrektur einher.
Umso entscheidender ist es, sich als Online-Händler bereits jetzt auf die wichtigsten umsatzsteuerlichen Änderungen im Jahr 2021 einzustellen.
Die Änderungen ergeben sich aufgrund des sogenannten Digitalpaket des europäischen Rates vom 05.12.2017.
Dieser ist noch nicht in deutsches Recht umgesetzt wurden, allerdings ist bereits jetzt abzusehen, welche konkreten Auswirkungen sich für deutsche Online-Händler ab dem 01.01.2021 ergeben werden.
Änderungen für Warenlieferungen in andere europäische Länder:
Übersicht:
- Was gilt bislang bei internationalen Warenverkäufen von Online-Handlern
- Umsatzsteuer Änderung 2021 – Wegfall individueller Lieferschwellen ins EU-Ausland
- Fernverkaufsregelung
- Keine Umsatzsteuerliche Registrierung im EU-Ausland mehr erforderlich
- Einführung der Schwellenwertregelung bei EU-Umsatz ab 2021
- Anwendungsvoraussetzung für die Schwellenwertregelung
- Keine Änderung bei Warenlieferungen ins EU-Ausland oder Drittländer
- Häufige Fragen zur neuen Fernverkehrsregelung ab 2021
- Ändern sich die die Fernverkehrsregelung
- 8.1. Ändern sich durch die Fernverkehrsregelung auch die Gegebenheiten in Ländern, in denen der Online-Händler bislang schon die Lieferschwelle überschritten hatte und registriert ist?
- 8.2. Beispielsweise besteht für einen Online-Händler schon eine Überschreitung der Lieferschwelle bzw. Registrierung in Österreich. Es werden monatliche Voranmeldungen dort abgegeben.
- 8.3. Kann ein...
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