Amazon Marketplace: Einigung mit den EU-Kartellwächtern

ANDRÉ WESTPHAL | 20. Dezember 2022, 15:39  | der Standard

Es gibt Neuigkeiten im Streit zwischen den EU-Kartellwächtern und dem Online-Händler Amazon. Der Zwist drehte sich um den Amazon Marketplace und konkret die Nutzung der Marketplace-Verkäuferdaten durch Amazon selbst. Der Vorwurf lautete, dass Amazon sich dadurch gegenüber den eigenen Partnern einen Vorteil verschaffen und ein ungleiches Feld für den Wettbewerb schaffen würde. Amazon hat sich nun verpflichtet, davon Abstand zu nehmen und ebenfalls gleichberechtigten Zugang zur Buy-Box und zu Amazon Prime zu gewährleisten.

Die EU-Kommission hatte entsprechende Verpflichtungsangebote von Amazon erhalten und diese mittlerweile auch angenommen. Dem war ein bereits 2019 förmlich eingeleitetes Prüfverfahren vorausgegangen. Warum darf Amazon hier nicht einfach schalten und walten, wie es beliebt? Das sei nicht in Ordnung, weil Amazon eine beherrschende Stellung auf dem französischen und deutschen Markt für die Bereitstellung von Online-Marktplatzdiensten für Drittverkäufer innehabe. Ferner stütze sich Amazon für eigene Geschäftsentscheidungen auf nicht-öffentliche Geschäftsdaten unabhängiger Verkäufer. Dadurch verzerre Amazon den fairen Wettbewerb auf seiner Plattform bzw. verhindere wirksamen Wettbewerb.

Ab November 2020 kam eine zweite Prüfung hinzu. Die sollte feststellen, ob die Kriterien, nach denen Amazon die Buy-Box vergibt und es Verkäufern ermöglicht, Produkte im Rahmen von Prime anzubieten, zu einer Vorzugsbehandlung der Angebote von Amazon oder der Verkäufer führen, welche die Logistik- und Versanddienste von Amazon nutzen. Da wurde vorläufig festgestellt, dass Amazon seine beherrschende Stellung auf dem französischen, deutschen und spanischen Markt für die Bereitstellung von Online-Marktplatzdiensten für Drittverkäufer missbrauche.

So attestierte man, dass eben die Kriterien für die Buy-Box und Prime unangemessen Amazon selbst sowie Marktplatzverkäufer begünstigen, welche die Logistik- und Lieferdienste von Amazon nutzen. Amazon hat sich hier also nun zur Gleichbehandlung verpflichtet. Zusätzlich zu dem Angebot, das die Buy-Box beinhaltet, wird zukünftig ein zweites Angebot angezeigt, sofern ein solches von einem anderen Verkäufer vorliegt und sich vom ersten Angebot in Bezug auf Preis und/oder Lieferung hinreichend unterscheidet. Prime-Verkäufer erhalten außerdem jetzt die Möglichkeit, für ihre Logistik- und Lieferdienste ein Unternehmen frei zu wählen und die Konditionen direkt mit diesem Unternehmen auszuhandeln.

Letzten Endes werden die Verpflichtungen, die Amazon vorgeschlagen hat, jetzt rechtlich verbindlich für das Unternehmen. Amazon muss sich also in der EU daran halten, sonst drohen Strafen. Die endgültigen Verpflichtungen gelten in Bezug auf Prime und die Anzeige eines zweiten, konkurrierenden Buy-Box-Angebots sieben Jahre lang und für die übrigen Teile der Verpflichtungen fünf Jahre lang. Unter Aufsicht der Kommission wird ein unabhängiger Treuhänder für die Überwachung der Umsetzung und Einhaltung der Verpflichtungen zuständig sein.

Problematisch war hier eben vor allem Amazons Doppelrolle als Händler und Anbieter des Marktplatzes. Dazu kam die dominierende Stellung des Unternehmens in diesem Bereich. Laut EU-Kommission könne Amazon diese Doppelrolle nun nicht mehr missbrauchen und die Daten seiner Partner nicht willkürlich für eigene Zwecke einsetzen.

Amazon-Kunden können auf eine größere Auswahl und bessere Angeboten auf der Online-Plattform hoffen. Hintergrund ist ein Wettbewerbsstreit des US-Unternehmens mit der EU-Kommission, der jetzt beigelegt wurde, wie die Brüsseler Behörde mitteilte. Amazon muss Geschäftspraktiken demnach künftig ändern.

Die EU-Kommission hat Zugeständnisse des weltweit größten Online-Händlers akzeptiert. Zuvor hatte sie in mehreren Bereichen mögliche Verstöße gegen EU-Wettbewerbsrecht ausgemacht. „Die Änderungen eröffnen neue Möglichkeiten und vergrößern die Auswahl, was konkurrierenden unabhängigen Einzelhändlern und Beförderungsunternehmen sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern zugute kommt“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Dem Unternehmen wurde unter anderem vorgeworfen, nicht-öffentliche Geschäftsdaten von unabhängigen Händlern systematisch für das eigene Einzelhandelsgeschäft zu nutzen. Hintergrund ist, dass Amazon nicht nur selbst als Einzelhändler Waren verkauft, sondern seine Internetseite auch als Plattform für andere Händler bereitstellt. „Amazon kann seine Doppelrolle nicht länger missbrauchen und wird mehrere geschäftliche Vorgehensweisen ändern müssen“, so Vestager.

Nutzerdaten sollen besser geschützt werden

Amazon sicherte zu, dass etwa Daten besser vor der Nutzung durch Amazon geschützt werden sollen, wie die EU-Kommission mitteilte. Ein Amazon-Sprecher sagte: „Wir freuen uns, dass wir die Bedenken der Europäischen Kommission ausgeräumt und diese Fragen geklärt haben.“ Obwohl man in etlichen Fällen eine andere Ansicht als die EU-Kommission vertrete, habe man konstruktiv mit ihr zusammengearbeitet.

Der europäische Verbraucherverband Beuc begrüßte die Entwicklung. Amazons Zusagen sollten dazu führen, dass das Unternehmen eine größere Auswahl biete, sodass Verbraucherinnen und Verbraucher leichter nach den besten Angeboten suchen könnten, teilte Beuc-Generaldirektorin Monique Goyens mit.

Amazon hatte bereits im Sommer Zugeständnisse angekündigt. Daraufhin holte die EU-Kommission Rückmeldungen von Amazon-Rivalen ein. Nach erneuten Anpassungen durch Amazon kam die EU-Kommission dann zu dem Ergebnis, dass ihre Bedenken ausgeräumt sind, wie aus der Mitteilung der Wettbewerbshüter hervorgeht. „Die Kommission hat daher entschieden, die angebotenen endgültigen Verpflichtungen für Amazon rechtsverbindlich zu machen.“

Untersuchung wegen illegaler Geschäftspraktiken

Die Kommission hatte im Juli 2019 eine Untersuchung wegen möglicherweise illegaler Geschäftspraktiken eingeleitet. Dabei gingen sie vor allem der Frage nach, ob der Konzern auf unfaire Weise mit anderen Händlern konkurriert, die seine Plattform nutzen. Verstößt Amazon gegen die nun getätigten Zusagen, können Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes der Firma fällig werden.

Weitere Zusagen betreffen einen „diskriminierungsfreien“ Zugang zur Teilnahme am Prime-Programm von Amazon, über das Abo-Kunden auch Artikel anderer Händler kostenlos geliefert bekommen. Prime-Händler sollen auch selbst auswählen können, mit welchem Versanddienst ihre Waren zugestellt werden. Zudem soll in der sogenannten Buy Box mit hervorgehobenen Artikeln künftig mehr als ein Händler Platz finden. In der Buy-Box von Amazon werden Angebote gut sichtbar angezeigt – die Artikel können dort sehr einfach gekauft werden.


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